Wachstum der Wirtschaftsflächen deutlich gebremst

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Wachstum der Wirtschaftsflächen deutlich gebremst

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Auch in Baden-Württemberg hält der Trend zu niedrigerem Flächenverbrauch an. Die tägliche Neu-Inanspruchnahme von Flächen für Siedlungs- und Verkehrsflächen hat sich seit Beginn der 2000er Jahre mehr als halbiert: von etwas über 10 ha auf zuletzt nicht ganz 5 ha (siehe Abbildung).

Abbildung: Täglicher Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr in Baden-Württemberg in ha



Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Darstellung.

Setzt sich diese Entwicklung so fort, erscheinen die umweltpolitischen Zielsetzungen zur Neu-Inanspruchnahme von Flächen durchaus erreichbar. Für Deutschland insgesamt wird bis 2030 ein täglicher Flächenverbrauch von weniger als 30 ha angestrebt. Zwar existiert keine operationalisierte Zielgröße für Baden-Württemberg. Im aktuellen Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung wird nur die langfristige Netto-Null bekräftigt. Überträgt man das 30-ha-Ziel proportional zum Flächenanteil des Landes am gesamten Bundesgebiet, kommt man für Baden-Württemberg zu einem Zielwert von weniger als 3 ha täglicher Neu-Inanspruchnahme bis 2030. Berücksichtigt man aber dazu noch die ökonomische und demografische Dynamik des Landes, erscheint ein Zuschlag angebracht. So kam etwa die Kommission Bodenschutz beim Umweltbundesamt im Jahr 2009 unter der Maßgabe des ursprünglich für 2020 avisierten bundesweiten 30 ha-Ziels für Baden-Württemberg auf einen maximalen täglichen Flächenverbrauch von 3,6 ha. Wie die obige Abbildung zeigt, würde die aktuelle Trendlinie den „Zielkorridor“ im Jahr 2030 treffen.

Ein besonderes Augenmerk soll hier auf die Wirtschaftsflächen gelegt werden. Insgesamt ist der Verbrauchs-Trend bei Flächen für Industrie, Handwerk, Logistik, Handel sowie weitere Dienstleistungen nicht so eindeutig. Zuletzt war der Rückgang aber merklich, sodass der tägliche Verbrauch für Wirtschaftsflächen erstmals (deutlich) unter 2 ha bleibt (siehe nachstehende Abbildung).

Abbildung: Täglicher Verbrauch für Wirtschaftsflächen in Baden-Württemberg in ha



Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Darstellung.

Die zentrale Frage ist nun: Gehen verstärkte Anstrengungen, den Verbrauch auch für Wirtschaftsflächen zu verringern, zu Lasten der zukünftigen Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung? Zumindest auf den ersten Blick scheint auf Landesebene ein enger Zusammenhang zwischen Flächenentwicklung und Wirtschaftsentwicklung zu bestehen (siehe Abbildung unten). Im Zeitraum zwischen Mitte der 90er Jahre bis in die zweite Hälfte der Nuller-Jahre war zwar schon von einer Entkoppelung der Beschäftigungs- von der Flächenentwicklung die Rede. Danach laufen die Linien aber wieder weitgehend parallel, bis zum Corona-bedingten Knick im Beschäftigungsverlauf am aktuellen Rand. Noch enger stellt sich der Zusammenhang zwischen Wirtschaftsleistung und der Wirtschaftsflächenentwicklung dar. Der Index des realen BIP schwankt (mit deutlichen Ausschlägen) um den Wirtschaftsflächenindex. Herauszuheben ist, dass einem leichten Rückgang des Flächenverbrauchs in der Finanzkrise 2008f. ein Anstieg in der Erholungsphase folgte, während trotz starken Wachstums nach 2015 ein leichtes Abflachen der Flächenentwicklung zu beobachten war (und was sich am Ende im oben skizzierten merklichen Rückgang der Tagesverbrauchswerte niederschlägt).

Abbildung: Entwicklung der Wirtschaftsflächen, des BIP und der Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Baden-Württemberg (1996=100)



Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, eigene Darstellung.

Für die Entwicklung von Wirtschaftsflächen sind die Städte und Gemeinden die maßgeblichen Akteure. Bauleitpläne, die die Art und Weise der Bebauung und die Nutzung von Flächen festlegen, unterliegen der kommunalen Planungshoheit. Die Kommunen reagieren mit Flächenausweisungen auf den Nachfragedruck der ansässigen Betriebe oder versuchen mit der Entwicklung von Wirtschaftsflächen neue Betriebe und damit zusätzliche Arbeitsplätze anzuziehen. Letztlich sind also die Kommunen das Bindeglied zwischen Wirtschaftsentwicklung und dem dafür erforderlichen Flächeneinsatz.

Dies führt unmittelbar zu der Frage, in welchem Umfang der wirtschaftliche Erfolg von Städten und Gemeinden mit dem Einsatz von Wirtschaftsflächen verbunden ist. Werte für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werden nur bis zur Ebene der Stadt- und Landkreise ausgewiesen, sodass sich die empirische Überprüfung auf den Zusammenhang zwischen Beschäftigungs- und Wirtschaftsflächenentwicklung beschränken muss. Dabei zeigt sich, dass der empirisch messbare Zusammenhang äußerst schwach ausfällt. Beschäftigungsentwicklung und Wirtschaftsflächenentwicklung korrelieren in den Städten Baden-Württembergs nur in geringem Maße.

Die ausführlichere Darstellung der Ergebnisse für Städte und Gemeinden und die daraus folgenden Implikationen für die Gewerbeflächenentwicklung sind Gegenstand eines demnächst folgenden Blogbeitrags.


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